Pilze als Superhelden: E-Auto Akku Recycling mit Hilfe von Schimmelpilzen
18. August 2022 von Irene Wallner
Schon häufig hat sich die moderne Technik Lösungen für Probleme aus der Natur abgeschaut. Vor allem die Autoindustrie ist auf sogenannte bionische Elemente angewiesen. Sei es der Lotuseffekt für den Lack, oder die Form der Autos, die an Fische oder Vögel erinnert. Auch beim Thema Elektroauto-Akku Recycling blickt man hoffnungsvoll in Richtung Natur.
Hier sind es vor allem Pilze, die die Aufmerksamkeit auf sich ziehen – genauer gesagt Schimmelpilze. Allgemein eher unbeliebt, scheinen sie möglicherweise eine umweltschonende und effiziente Lösung zum Rückgewinnen von Lithium und Kobalt aus alten Batterien zu sein.
⏰ Kurz zusammengefasst
- Metalle umweltfreundlich recyceln
- Schimmelpilze laugen Akkus aus
- Nicht jeder Pilz toleriert potentiell toxische Metalle
- Manche Pilze können “lernen” tolerant zu sein
- “Fütterung” der Pilze aktuell noch teuer
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Rückgewinnung von Lithium und Kobalt
Die Wichtigkeit des Recyclings wertvoller Metalle aus Abfallprodukten ist dem Forschungsteam der University of South Florida rund um Professor Jeffrey Cunningham bereits bekannt gewesen. Doch zu Beginn der Forschung schien niemand versucht zu haben, Lithium und Kobalt aus verbrauchten Batterien zurück zu gewinnen. Dem Professor war schnell klar:
“Angesichts der raschen Verbreitung von Mobiltelefonen, Elektroautos und anderen wiederaufladbaren Geräten werden uns die Materialien für die Batterien ausgehen, wenn wir nicht herausfinden, wie wir die alten Batterien recyceln können.”
Bekannt war, dass Mikroorganismen zur Gewinnung von Ressourcen aus festen Abfallprodukten – die sogenannte Biolaugung – eine Möglichkeit darstellen könnte, diese wertvollen Metalle umweltfreundlich zurückzugewinnen. Doch versucht hatte es noch keiner. Diese Herausforderung nahmen Cunningham und sein Forschungsteam an, und überlegten, welche Mikroorganismen in Frage kämen.
“Ursprünglich wussten wir nicht, dass wir Pilze (Schimmelpilze) verwenden wollten – bei einigen ähnlichen Anwendungen verwenden einige Forscher eher Bakterien als Pilze, und das könnte auch hier funktionieren -, aber es gab einige Hinweise darauf, dass Pilze für diese spezielle Anwendung besser geeignet sein könnten als Bakterien, also haben wir es so versucht.”
Erste Erfolge stellen sich ein
Die Forscher:innen führten viele Experimente mit unterschiedlichen Schimmelpilzkulturen durch. Manche davon schafften es, 85 Prozent Lithium und 48 Prozent Kobalt aus Lithium-Ionen Batterien zu extrahieren.
Dazu fütterten sie die Schimmelpilze mit einer Art Zucker. Ein Teil des Zuckers wurde durch die Pilze in eine Säure umgewandelt, die dann das Lithium und Kobalt aus den Batterien herausziehen konnte. Man nennt diesen Vorgang Biolaugung.
Die Experimente waren ein Erfolg, doch es gibt noch einige offene Fragen. Cunningham und Team suchen noch nach Antworten darauf, wie genau der biochemische Mechanismus funktioniert, mit dem die Pilze den Zucker in Säure umwandeln. Außerdem bilden nicht alle Schimmelpilzarten die gleiche Menge an Säuren, warum ist ebenfalls unklar.
“Wir wissen, dass es funktioniert, aber wir wissen noch viel zu wenig über das Wie und Warum. Wenn wir mehr über das Wie und Warum verstehen, können wir den Prozess wahrscheinlich effizienter gestalten.”
Noch gibt es ein paar Probleme
Nachdem der Schimmelpilz das Lithium und Kobalt aus dem Akku herausgelöst hat, liegen diese Metalle in flüssiger Form vor. Um sie für neue Batterien nutzen zu können, muss man die Metalle abtrennen – und das ist nicht so einfach. Laut Cunningham gibt es hier verschiedene Vorgehensweisen, doch an der besten Methode wird aktuell noch geforscht.
“Zu den Technologien, die verschiedene Forschungsgruppen zu diesem Zweck untersuchen, gehören Ionenaustausch, ionenselektive Membranen, flüssige Lösungsmittel, feste Ausfällungen und verschiedene Arten von Schäumen. Ich glaube nicht, dass sich bisher ein klarer Gewinner herauskristallisiert hat. Ich bin zuversichtlich, dass es machbar ist, aber ich weiß nicht, welche Technologie sich als die beste für diese Aufgabe erweisen wird.”
Toxische Metalle machen es den Schimmelpilzen schwer
Einige Metalle, darunter auch Lithium und Kobalt, sind (potentiell) toxisch. Das Forschungsteam aus South Florida hat drei möglicherweise geeignete Schimmelpilzkulturen genauer unter die Lupe genommen. Erst im Jahr 2021 hat Cunningham mit seinem Team die jüngsten Ergebnisse veröffentlicht: Lediglich Aspergillus niger, auch als Schwarzschimmel bekannt, konnte nach ausgiebigen Testungen eine Toleranz gegenüber Kobalt und Lithium entwickeln.
“Ich denke, es ist ein Erfolg, weil wir festgestellt haben, dass A. niger “lernen” kann, die Metalle zu tolerieren. Das macht es wahrscheinlich, dass andere Organismen – entweder Pilze oder Bakterien – ebenfalls lernen könnten, die Metalle zu tolerieren.”
Doch auf diesem Gebiet haben die Forscherinnen und Forscher aus Florida noch viel Arbeit vor sich. Wichtig ist unter anderem, die optimalen Bedingungen für den Vorgang herauszufinden. Cunningham ist optimistisch, dass Organismen wie Schimmelpilze, eine Toleranz gegenüber potentiell toxischen Metallen entwickeln können, wenn man sie vorher solchen aussetzt. Sie “lernen” also, damit umzugehen.
“Das Sprichwort “Was dich nicht umbringt, macht dich stärker” gilt offenbar auch für Pilze und Bakterien.”
Umweltschonendes und günstiges Akku-Recycling?
Aktuell benötigt man für das Recycling von E-Auto Akkus chemische Lösungsmittel, die die Batterie in ihre Bestandteile zerlegen. Wirtschaftlich lohnt sich die Rückgewinnung von Lithium nicht immer, doch mit der sich weiter entwickelnden hohen Nachfrage, und steigenden Preisen für Rohmaterialien, rückt das Recycling von Kobalt und Lithium vermehrt in den Fokus. Es wäre ein wichtiger Bestandteil einer nachhaltigen Automobilbranche.
Cunninghams Team hat sich auf die Fahne geschrieben, mit Hilfe der Schimmelpilze eine umweltfreundliche und günstige Recyclingmethode zu entwickeln. Die Forschungsergebnisse sind vielversprechend, trotzdem ist der Weg aus dem Labor in die reale Welt nicht unproblematisch. Vor allem ein Thema bereitet dem Forscher noch Kopfzerbrechen: Die Kosten für das Futter der Pilze.
“Ich denke, dass dies von der Verfügbarkeit einer billigen (oder kostenlosen) Nahrungsquelle für die Pilze abhängen könnte. […] Wenn wir jedoch eine Zuckerquelle haben, die als Abfallprodukt aus einem anderen (wahrscheinlich landwirtschaftlichen) Prozess zur Verfügung steht, und wenn dieses Abfallprodukt ein geeignetes Nahrungsmittel für die Pilze ist, dann denke ich, dass der Biolaugungsprozess wahrscheinlich wettbewerbsfähig wäre.”
E-Auto Akku Recycling mit Schimmelpilzen – noch Zukunftsmusik
Auf die Frage, wann mit einem Einsatz der Pilz-Recyclingmethode in großem Maßstab zu rechnen ist, konnte Jeffrey Cunningham keine Antwort geben. Neue Prozesse brauchen Zeit, es gibt immer wieder Herausforderungen, die man nicht vorhergesehen hat.
“Die Industrie will verständlicherweise keine großen und teuren Risiken mit unbewiesenen Technologien eingehen.”
Ein Forschungsfeld, dass dagegen schon deutlich weiter ist, sind nachhaltige Materialien. Hier könnten wir schon bald Zukunftsmaterialien in Serienautos sehen. Auch bei der Entsorgung von Altreifen wird bereits auf Recycling gesetzt, doch hier ist sicher noch einiges mehr möglich.
Weiterforschen kostet Geld
Um kostbares Lithium und Kobalt in Zukunft mit Hilfe von natürlichen Helfern effizient recyceln zu können, ist noch einiges an Forschungsarbeit zu tun. Doch das kostet Geld. Wer weiß, vielleicht möchte ja der ein oder andere Autohersteller in diese zukunftsträchtige Recyclingmethode investieren?
Recycling und Entwicklung von E-Auto Batterien ist ein Feld, in dem sich in den nächsten Jahren noch einiges tun wird – und muss.