Risiko Wildwechsel: Richtiges Verhalten bei Wildunfall

09. Oktober 2024 von

Der Herbst bringt neben buntem Laub und Spätsommergefühlen auch den Wildwechsel mit sich. Wenn du früh morgens und in der Dämmerung unterwegs bist, solltest du besonders vorsichtig fahren. Wie du reagieren solltest, wenn Wild vor dir die Straße überquert und was zu tun ist, wenn es doch zu einem Wildunfall gekommen ist, sagen wir dir in diesem Artikel.

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Du hattest einen Wildunfall – wie verhältst du dich richtig?

✅ Unfallstelle absichern: Warnblinkanlage einschalten, Warndreieck aufstellen.

✅ Polizei alarmieren. Keine Fahrerflucht begehen!

✅ Verletztes oder getötetes Tier nicht anfassen! Die Bergung übernimmt der Förster oder Jäger.

✅ Mache Fotos vom Unfallort, Tier und Fahrzeug.

✅ Wildunfallbescheinigung von Polizei, Jäger oder Förster ausstellen lassen.

✅ Kfz-Versicherung benachrichtigen, bevor Reparatur vorgenommen wird.

Wild

Was ist ein Wildwechsel?

Unsere Straßen befinden sich häufig zwischen Wäldern oder wurden unwissentlich durch Heimatgebiete von Wildtieren gebaut. Deshalb ist es nicht selten, dass Tier und Auto sich treffen – eine gefährliche Situation. Laut einer Statistik des Deutschen Jagdverbands gab es in den Jahren 2020 und 2021 mehr als 200.000 Wildunfälle in ganz Deutschland. Die meisten davon mit Rehwild.

Wann und warum gibt es Wildwechsel?

Die häufigsten Gründe für Wildwechsel sind:

  • Suche nach Futter
  • Partnersuche während der Brunftzeit
  • sogenannte Äsung

Wenn Tiere trotz hohem Verkehrsaufkommen den Streckenabschnitt als Teil ihres Lebensraums sehen, weil eine Straße durch ihr ursprüngliches Gebiet gebaut wurde, nennt man das Äsung. Wild überquert aber auch zur Futtersuche Straßen, oder während der Brunftzeit, um einen geeigneten Partner zu finden.

Wildwechsel tritt meist dort auf, wo Straßen unmittelbar an Felder oder Wälder angrenzen. Vor allem im Herbst sind Wildtiere aktiv. In den Monaten September bis November solltest du mit erhöhter Wildwechselgefahr rechnen. Das betrifft in erster Linie die Morgen- und Abenddämmerung – genauer morgens zwischen 4:00 und 7:00 Uhr und abends zwischen 17:00 und 23:00 Uhr. Solltest du zu diesen Zeiten unterwegs sein, ist erhöhte Aufmerksamkeit gefragt.

Auch die Leitpfosten am Fahrbahnrand sind an Stellen mit erhöhtem Wildwechsel mit blauem Reflektoren bestückt. Diese sollen Tiere von der Fahrbahn fern halten.

Richtiges Verhalten bei Wildwechsel

In den Herbstmonaten solltest du mit Wildwechsel rechnen, und dich entsprechend verhalten. Mit dem richtigen Verhalten lassen sich Wildunfälle häufig verhindern.

  • Achte auf Verkehrsschilder, die Wildwechsel anzeigen
  • In Wildwechselgebieten langsam und aufmerksam fahren
  • Rechten Fahrbahnrand im Blick behalten
  • Ein Tier kommt selten allein!
  • Steht ein Tier auf der Straße – Fernlicht aus und hupen
  • Vollbremsung nur, wenn hinter dir niemand fährt
  • Reicht der Bremsweg nicht, nicht ausweichen

Wenn du siehst, dass vor dir ein Wildtier die Straße überquert, dann musst du damit rechnen, dass noch weitere folgen. Oft läuft ein Tier voraus, bevor die gesamte Familie folgt. Schalte das Fernlicht sofort ab, wenn du Tiere erblickst, denn oft erstarren diese im Lichtschein und laufen nicht weiter. Hupen erschreckt sie, und motiviert das Wild zum weiterlaufen. Ein nachgerüstetes Head-up-Display erspart dir übrigens den Blick auf den Tacho und erhöht damit deine Aufmerksamkeit für umherlaufende Wildtiere.

Wildunfall

Wann handelt es sich um einen Wildunfall?

Von einem Wildunfall wird gesprochen, wenn ein Fahrzeug durch den Zusammenprall oder durch ein Ausweichmanöver mit einem Tier beschädigt wird. Bei den Tieren muss es sich um Haarwild handeln. Zum Haarwild gehören folgende Wildtiere:

  • Schwarzwild
  • Rotwild
  • Rehwild
  • Damwild
  • Füchse
  • Luchse

Wenn du einen Fahrzeugschaden aufgrund eines Zusammenstoßes mit Federwild hast, zählt das nicht als Wildunfall. Federwild ist beispielsweise ein Fasan oder ein Habicht.

Risikofaktoren für Wildunfall

Erhöhtes Risiko besteht, wie bereits erwähnt, in den Herbstmonaten. Doch grundsätzlich können Wildunfälle das ganze Jahr über passieren. Grundsätzliche Risikofaktoren für Wildunfälle sind:

  • Schlechte Lichtverhältnisse
  • Morgen- und Abendstunden
  • Umstellung Sommer- auf Winterzeit
  • Brunftzeit
  • Zunehmendes Verkehrsaufkommen
  • Zu schnelle und unvorsichtige Fahrweise

Unterschätzte Gefahr

Die Gefahr, die ein Wildunfall auch für uns Menschen mit sich bringen kann, wird häufig unterschätzt. Wer reflexartig ausweicht, um das Tier nicht zu verletzen, kann in den Gegenverkehr geraten oder an einem Baum landen. Bleibt man ruhig und reagiert man richtig, ist ein Aufprall unvermeidbar.

Hier kommt es zu enormen Kräften, denn je nachdem wie schnell du warst, kann ein Wildtier mit mehreren Tonnen in das Fahrzeug einschlagen.

Aufprallgewicht von Wildtieren
(bei 60 km/h)
Rehbock 0,8 Tonnen
Damhirsch 2,5 Tonnen
Wildschwein 3,5 Tonnen
Rothirsch 5,0 Tonnen

Schon ein kleiner Rehbock bekommt beim Aufprall mit 60 km/h das Gewicht eines Bullen – und wer mit einem Rothirsch zusammenstößt, der könnte genauso gut mit einem ausgewachsenen Elefanten kollidieren.

Wildschwein-Wildunfall

Nach einem Wildunfall – was tun?

Konntest du nicht schnell genug reagieren und hattest einen zu langen Bremsweg, dann ist ein Wildunfall unvermeidlich. Wir sagen dir, wie du dich nun verhalten solltest:

  1. Unfallstelle absichern: Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Ruhe bewahren. Auch wenn das Tier geflüchtet ist.
  2. Erste Hilfe leisten: Wenn Personen verletzt wurden, den Notruf wählen. Vorab Erste Hilfe leisten, Verbandskasten im Auto nutzen.
  3. Polizei verständigen: Egal ob es einen Personenschaden gab oder nicht, bei einem Wildunfall muss IMMER die Polizei benachrichtigt werden.
    – Standort durchgeben
    – Je nach Bundesland Jäger verständigen (lassen)
    – Wildschadenbescheinigung aushändigen lassen
  4. Verletzte Tiere: Lebt das angefahrene Tier noch, bitte nicht anfassen und an den Seitenstreifen ziehen. Wenn es Schmerzen hat, wehrt es sich und könnte dich verletzen.
  5. Am Unfallort warten: Bis die Polizei und der Jäger eingetroffen sind, musst du am Unfallort warten.

Am wichtigsten ist, dass du nach dem Zusammenstoß nicht in Panik verfällst und kopflos vom Unfallort flüchtest. Eine Fahrerflucht ist das zwar nicht, jedoch ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz, wenn du ein verletztes noch lebendes Tier einfach liegen lässt.

Du solltest außerdem auf keinen Fall ein angefahrenes, totes Wild selbständig von der Unfallstelle entfernen, das ist Wilderei und kann eine Strafe bedeuten.

Schadensregulierung: Wer zahlt nach einem Wildunfall?

Wildunfälle werden immer häufiger, und nicht selten ist eine unangebrachte Fahrweise die Ursache. Deshalb ist die Schadensregulierung durch die Versicherung oftmals schwierig. Nach einem Wildunfall solltest du deshalb für die Versicherung folgendes tun:

  • Bilder vom Schaden am Fahrzeug machen
  • Auch Detailaufnahmen mit Blut oder Haaren des Tieres
  • Wildschadenbescheinigung anfordern

Bist du Niederwild wie Füchsen, Igeln oder Hasen ausgewichen und wurde deshalb ein Schaden am Fahrzeug verursacht, kann es sein, dass die Versicherung nicht zahlt. Erstmal muss es sich um einen Wildunfall mit Haarwild handeln, und zweitens gelten Ausweichen und eine Vollbremsung als unverhältnismäßige Maßnahmen.

Wild-Zeichen

Warum ist eine Wildschadenbescheinigung nötig?

Mit dieser Bescheinigung stellt dir der Jäger oder die Polizei eindeutig aus, dass der Schaden an deinem Fahrzeug durch ein Wildtier verursacht wurde. Bei vielen Versicherungen ist eine Wildschadenbescheinigung Voraussetzung für die Schadensregulierung. Dennoch ist das keine Garantie für eine Übernahme der Kosten. Einen Wildunfall bezahlt grundsätzlich nur eine Kaskoversicherung, bei der normalen Haftpflichtversicherung ist so ein Schaden ausgeschlossen.

Eine Wildschadenbescheinigung enthält folgende Informationen:

  • Wann und wo war der Wildunfall?
  • Kennzeichen und Marke des Fahrzeugs
  • Welches Wildtier war involviert?
  • Wo am Fahrzeug war der Aufprall?
  • Wurden Blut, Haare, Beschädigungen festgestellt?
  • Wurde das Tier verletzt oder getötet?
  • Gab es Zeugen?
  • Wurde die Polizei verständigt?

Was kostet eine Wildunfallbescheinigung?

Jäger oder Polizei können für die Ausstellung der Bescheinigung eine Gebühr verlangen. Hierbei handelt es sich um eine Aufwandsentschädigung, die maximal 15 Euro betragen darf. Diese Kosten können von der Versicherung auch übernommen werden.

“Rettungskosten” bei Ausweichmanövern

Was passiert, wenn du dem Wild ausweichst und dabei einen anderen Unfall verursachst? Hier kann es vor allem Probleme mit der Versicherung geben. Allgemein heißt es, dass ein Aufwendungsersatz – also Rettungskosten – von der Teilkaskoversicherung gefordert werden kann, wenn ein Schaden nicht direkt und ohne Berührung mit dem Wild verursacht worden ist, sondern durch einen Ausweichversuch.

Ob die Versicherung die Kosten übernimmt, ist allerdings nicht sicher. Meist braucht man Zeugen, um nachweisen zu können, dass der Schaden auch wirklich von einem Ausweichversuch stammt.

Haftung bei Auffahrunfällen wegen Tieren

Wenn du stark bremst, weil vor dir ein Kleintier, beispielsweise ein Eichhörnchen, über die Straße läuft und das hinter dir fahrende Auto auf dich auffährt, dann haftest du für den Schaden zu 25 Prozent mit. Natürlich hätte genügend Sicherheitsabstand eingehalten werden müssen, aber durch dein plötzliches Bremsmanöver hast du es der anderen Person auch schwer gemacht.

Schadensersatzansprüche wegen Wildunfall

Nach einem Wildunfall ist es nicht möglich, den Jäger oder Förster dafür in Verantwortung zu nehmen. Wild gilt im juristischen Sinne als herrenlose Sache, Schadensersatzansprüche können also in der Regel nicht geltend gemacht werden.

Eine Ausnahme stellen Treib- und Drückjagden dar. Wenn eine solche Jagd stattfindet, dann sind die Veranstalter dazu verpflichtet, das Wild nicht in Richtung einer befahrenen Straße zu jagen. Wenn aufgrund dessen ein Unfall passiert, können in diesem Fall Schadensersatzansprüche an die Veranstalter gestellt werden.

Ist an einer Stelle mit erhöhter Wildwechselgefahr kein entsprechendes Verkehrsschild angebracht, ist es auch möglich, dass die Straßenbehörde für den Wildschaden aufkommt.

Wildwechsel

So vermeidest du den Wildunfall

Damit sich die Frage, was nach einem Wildunfall zu tun ist, gar nicht stellt und du auch keine Probleme mit der Versicherung hast, solltest du den Wildunfall am besten vermeiden.

Vermeiden Assistenzsysteme Wildunfälle?

Moderne Fahrzeuge sind mit jeder Menge Assistenzsystemen ausgestattet, die eigentlich einen Wildunfall vermeiden müssten. Leider ist das nicht immer der Fall. Verlasse dich deshalb nicht auf die Systeme, sondern bleibe aufmerksam.

Der ADAC hat zwei Assistenzsysteme bei Wildunfall-Simulationen getestet.

Ist dein Fahrzeug mit einem Nachtsicht-Assistenten ausgestattet, sind die Chancen laut ADAC hoch, dass die Infrarotsensoren die Wärmestrahlung von Tieren einfangen und deshalb frühzeitig auf die Gefahr aufmerksam machen. Allerdings ist ein Nachtsicht-Assistent eine teure Sonderausstattung, und meist nur für Mittelklasse- und Oberklassefahrzeuge erhältlich.

Was im Test nicht funktioniert hat, war eine Bremsung mithilfe des Notbremsassistenten. Dieser ist nicht dafür optimiert, Wild zu erkennen.

Schwierig kann es auch werden, wenn im Herbst die Scheiben wegen Feuchtigkeit innen beschlagen. Das schränkt die Sicht ein – deshalb erst losfahren, wenn die Frontscheibe wieder frei ist.

Wichtige Fragen und Antworten zum Thema Wildunfall

Wenn du noch Fragen zum Thema Wildunfall hast, sind hier noch ein paar Antworten.

Wird man wegen Wildunfall in der Versicherung hochgestuft?

Das ist von deiner Versicherung abhängig. Wenn der Wildschaden von der Teilkasko übernommen wird, dann ändert sich die Einstufung nicht. Zahlt die Vollkasko den Schaden, ist eine Hochstufung möglich.

Wann zahlt die Versicherung bei Wildunfall?

Nur wenn das Fahrzeug bei einem Wildunfall in Bewegung war, zahlt die Versicherung. Läuft ein Tier in ein geparktes Auto, zählt das nicht als Wildunfall. Außerdem solltest du eine Wildschadenbescheinigung vorzeigen können, und eine Kaskoversicherung abgeschlossen haben.

Was macht die Polizei bei Wildunfall?

Egal ob Personen verletzt wurden oder nicht, bei einem Wildunfall muss die Polizei hinzugezogen werden. Diese nimmt den Unfall auf  und informiert den Jäger, damit er sich um das verletzte oder tote Tier kümmert.