Volkswagen Golf Alltrack Testbericht
Nur als Kombi, nur mit Allrad und nur mit einem Motor: Der VW Golf Alltrack bietet interessierten Kund:innen nicht viele Optionen. Muss er auch nicht: Der Kombi mit Offroad-Elementen ist das richtige Auto für alle, die eine Alternative zum SUV-Trend suchen.
Was gut ist
Was nicht so gut ist
Volkswagen Golf Alltrack: Was würden Sie gerne als Nächstes lesen?
- Bewertung des Volkswagen Golf Alltrack
- Wie viel kostet der Volkswagen Golf Alltrack?
- Leistung und Fahrkomfort
- Platz und Praxistauglichkeit
- Innenraum, Infotainment und Ausstattung
- Kraftstoffverbrauch, CO2-Ausstoß und Abgasnorm
- Sicherheit und Schutz
- Zuverlässigkeit und Probleme
- Volkswagen Golf Alltrack Alternativen
Bewertung des Volkswagen Golf Alltrack
Wie es zu dem Trend kam, auch Alltagsautos ein wenig Offroad-Charme zu verleihen, ist heute gar nicht mehr so klar. Eines der ersten Modelle war der Volvo V70 XC, der 2000 auf den Markt kam. Der schwedische Hersteller legte seinen Kombi etwas höher, verpasste ihm Allradantrieb und ein paar Planken an die Seite. Fertig war eines der ersten Offroad-Familienautos. Von Fahrer:innen „echter“ Geländefahrzeuge belächelt, erfreuten sich diese Modelle großer Beliebtheit und andere Hersteller zogen nach, Audi zum Beispiel mit dem A6 Alltrack.
Die Koordinaten sind klar: Kombi, Allradantrieb, höheres Fahrwerk
Auch Volkswagen ließ sich von dem Mini-Trend inspirieren. Im November 2014 begann der Verkauf des VW Golf Alltrack, einer Art Geländeversion des Kombis der siebten Generation. Die Eckpunkte waren dieselben wie einst beim Volvo V70 XC: Kombi, Allradantrieb, ein höheres Fahrwerk und ein paar optische SUV-Anleihen. Eine große Auswahl an Motoren gab es für diese erste Modellreihe nicht: Der Golf Variant Alltrack war nur als 2,0-Liter-Diesel erhältlich.
Nach dem Ende der Laufreihe war es Ende 2020 Zeit für einen Nachfolger. Die Grundkonstanten blieben gleich: Wieder gibt es nur eine Motorisierung, der VW Golf Alltrack wird nun von einem 200 PS starken Diesel angetrieben, Benziner oder Hybrid-Motoren gibt es nicht, ebenso wie eine kompakte Variante des Kombis.
Ist es ein Kombi? Ein SUV? Das ist wohl die Frage, die sich beim Anblick des VW Golf Alltrack als erstes stellt. Für die Marketingabteilung von Volkswagen ist die Antwort einfach: beides. Mehr Kategorien heißt schließlich auch mehr potenzielle Verkäufe. Ganz davon abgesehen, dass SUVs im Trend liegen, was wohl die Verwendung dieses Schlagworts für den Kombi erklären dürfte. Denn in seiner ersten Inkarnation 2014 bei der Generation 7 des Golf spielte er bei den Verkaufszahlen des Variant kaum eine Rolle. Das soll sich jetzt ändern, die Kombis im Offroad-Look sind beliebt. Opel schickt den Astra Sports Tourer Active ins Feld, Seat den Leon X-Perience, Skoda den Octavia Combi Scout, Ford den Focus Active Turnier.
Ihnen allen ist gemein: SUVs sind sie nicht. Der VW Golf Alltrack ist ein waschechter Kombi. Zwar liegt er ein wenig höher als der Standard-Variant (15 bis 20 Millimeter), doch so lange keiner direkt neben dem Alltrack parkt, fällt das nicht weiter auf. Ins Gelände kann man trotzdem mit ihm: Serienmäßig ist der Unterbodenschutz, der rundum laufende Karosserieschutz und der Allradantrieb.
Teuer, aber massentauglich
Das dürfte auch der größte Schwachpunkt des Allrad-Kombis sein - er ist teuer. Das liegt vor allem an seiner eingeschränkten Motorenauswahl. Den ähnlich gelagerten Skoda Octavia Scout gibt es bereits ab 32.810 Euro mit einem 150 PS starken Benzinmotor, allerdings ohne Allradantrieb. Der VW Golf Alltrack will sich anders positionieren. Er bleibt ein Auto für eine spitze Zielgruppe mit genauen Vorstellungen an ihren Kombi: alltags- und familientauglich, überdurchschnittlich motorisiert, geländetauglich, aber eben kein SUV. Das bieten auf dem Markt zurzeit nur wenige Hersteller. Da kommt der Alltrack genau richtig. Er ist keiner für die Masse, aber durchaus massentauglich.
Wie viel kostet der Volkswagen Golf Alltrack?
Bei den laufenden Kosten offenbart sich der VW Golf Alltrack als erstaunlich günstig. In der Haftpflichtversicherung steigt er mit Typklasse 11 extrem niedrig ein. Eher durchschnittlich ist die Einstufung für Teil- und Vollkasko mit jeweils Typklasse 23.
Leistung und Fahrkomfort
Keinen Grund zur Klage bietet der Motor des VW Golf Alltrack. Als Topmodell der Reihe ist er mit dem stärksten derzeit erhältlichen Diesel ausgerüstet - weitere Motorisierungen für den Kombi gibt es nicht. Das ist aber zu verschmerzen, denn auch wenn die Selbstzünder in den vergangenen Jahren viel Prügel einstecken mussten, ist der Selbstzünder die perfekte Wahl für den Alltrack. Schnarrend springt der 2,0-Vierzylinder mit 200 PS an und vermittelt ein wohlig bekanntes Gefühl. Ein schlechtes Gewissen müssen Autofahrer:innen angesichts des Diesel nicht haben: Volkswagen hat diesmal gleich zwei Katalysatoren und eine doppelte AdBlue-Einspritzung eingebaut. Die soll auch dauerhaft funktionieren - und nicht nur im Testzyklus.
An Durchzugskraft hat Volkswagen nicht gespart, der Motor stammt aus dem Golf GTD, dem Diesel-Pendant des GTI. Schon im unteren Drehzahlbereich liegt die gesamte Kraft an, das siebenstufige Automatikgetriebe schaltet kaum spürbar. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte der VW Golf Alltrack auch ein stufenloses Getriebe besitzen. Die Lenkung arbeitet präzise, selbst rasche Richtungswechsel bringen den Kombi nicht aus der Ruhe. Das Fahrwerk ist je nach gewähltem Modus (das Feature ist serienmäßig in diesem Modell) komfortabel oder eher straff abgestimmt. Bodenwellen schluckt der Alltrack ohne Probleme, plötzliche Schlaglöcher lassen ihn aber doch arg poltern.
Der Allradantrieb sorgt dafür, dass der Golf auch bei Regen, Schnee oder schlüpfrigen Untergrund nie den Grip verliert. Soll es dann doch einmal ins Gelände gehen, gibt es einen extra Offroad-Modus.
Platz und Praxistauglichkeit
Optisch versucht sich der Offroad-Kombi ein wenig von seinen faden Stadt-Brüdern abzusetzen. Da sind natürlich die Seitenflanken, die Geröll vom Lack fernhalten sollen. Aber auch der schwarze Kühlergrill, der den Alltrack vom normalen Variant unterscheidet. Hinzu kommen eine Chromumrandung und die wie eine Fünf auf einem Spielwürfel angeordneten LED-Nebelscheinwerfer. Sie gehören beim VW Golf Alltrack zur Serienausstattung, ebenso wie die LED-Scheinwerfer und 17-Zoll-Räder. In anderen Modellen kosten sie Aufpreis. Allerdings ist der Alltrack mit mindestens 40.110 Euro Listenpreis der teuerste Variant.
Im Vergleich zum Vorgänger hat der VW Golf Alltrack sechs Zentimeter zugelegt, das wirkt sich vor allem auf den Innenraum aus. Vorne ist üppig Platz angesagt, auch hinten lässt es sich gut aushalten, hier zeigt sich der vergrößerte Radstand von 2,68 Meter. Die neue Beinfreiheit dürfte besonders Familien gut gefallen, die mit Kindersitzen unterwegs sind. Die werden sich auch über den Kofferraum freuen, der mit 611 bis 1.642 Liter in die nächsthöhere Klasse schielt. Denn beim Golf Alltrack handelt es sich immer noch um ein Auto der Kompaktklasse. So viel Kofferraum bieten die darüber angesiedelten Audi A4 Avant (495 bis 1.495 Liter) und BMW 3er Touring (500 bis 1.510 Liter) nicht.
Innenraum, Infotainment und Ausstattung
Das Interieur des VW Golf Alltrack ist bereits aus dem Standard-Golf beziehungsweise dem Kombi bekannt. Die Materialien bestehen hauptsächlich aus Kunststoff, der ist hochwertig verarbeitet und liefert keinen Grund zum Meckern. Die Sitze passen sich gut an den Körper an, bieten genug Seitenhalt bei hohem Komfort. Die Darstellung des digitalen Cockpits und des 10-Zoll-Displays ist brillant, die Bedienung durch die umfangreiche Menüführung zunächst gewöhnungsbedürftig, aber nach einiger Einarbeitungszeit leicht zu bedienen. Trotzdem wäre der Zugriff auf manche Funktionen durch eine extra Taste oder einen Schalter wünschenswert.
Generell ist bei der haptischen Bedienung noch Luft nach oben. In der achten Generation des Golf hat Volkswagen zentrale Elemente durch Klavierlackflächen ersetzt, die sowohl auf Druck als auch auf Wischbewegungen reagieren. So ist zum Beispiel das Bedienfeld für die Lautstärke des Radios am Lenkrad nun eine schwarze Kunststofffläche, die sich bei Druck (eine Einheit lauter oder leiser) komplett mitbewegt. Soll es gleich ein gutes Stück lauter werden, wischt der Finger von links nach rechts. Im Prinzip eine gute Idee, nur in der praktischen Umsetzung ist es fast unmöglich, eine genaue Einstellung hinzubekommen. Die gleiche Art der Bedienung findet sich noch einmal unter dem zentralen Display in der Mittelkonsole, wo nun per Wischen und Drücken die Temperatur der Klimaanlage und die Lautstärke der Entertainment-Einheit eingestellt werden müssen. Da wünschen sich Autofahrer:innen schnell wieder den vertrauten Drehregler zurück.
Kraftstoffverbrauch, CO2-Ausstoß und Abgasnorm
Selbst an der Tankstelle punktet der Alltrack, trotz des stärksten Dieselmotors. Um die fünf Liter Verbrauch gibt Volkswagen an, das ist mit viel Zurückhaltung möglich, im Test schluckte der Kombi eher knapp unter sieben Liter Kraftstoff auf 100 Kilometer. Mit denen ist aber immer noch eine Reichweite von knapp 900 Kilometern möglich - mit nur einer Tankfüllung.
Trotzdem ist der VW Golf Alltrack kein Schnäppchen. Mit seinem Einstiegspreis ist er nicht nur der teuerste Kombi im Portfolio von Volkswagen, sondern auch eines der kostspieligsten Golf-Modelle. Nur GTI, Clubsport, GTE und der R liegen knapp darüber.
Das schlägt sich glücklicherweise in der Ausstattung nieder. Im VW Golf Alltrack gibt es neben dem digitalen Cockpit serienmäßig 17-Zoll-Felgen, LED-Licht vorne und hinten, DAB+, eine Telefonschnittstelle mit induktiver Ladefläche, Ambientebeleuchtung für den Innenraum mit 30 Farben und Pedale in gebürstetem Edelstahl.
Sicherheit und Schutz
Auch die Sicherheit kommt nicht zu kurz. Der VW Golf Alltrack erkennt, wenn Fahrer:innen hinter dem Steuer müde werden, er bremst für Radler und Fußgänger und hält die Spur, so dass der Kombi nicht von der Straße abkommt und in den Gegenverkehr gelangt oder von der Fahrbahn abkommt. Das alles ist aber mittlerweile Standard in vielen Fahrzeugen. Wer den Alltrack mehr auf den aktuellen Stand bringen will, muss noch einmal investieren.
Alles was in den Bereich des autonomen Fahrens kommt, lässt sich Volkswagen extra bezahlen. Dazu zählen der Spurwechselassistent (440 Euro), die automatische Distanzregelung (320 Euro) oder das Parksystem (215 Euro), das den Golf von alleine in die Lücke rangiert. Mit ein paar Komfortfeatures wie dem Head-up Display (700 Euro), dem Navigationssystem mit Internet-Verbindung (ab 620 Euro) oder der oft etwas trägen Sprachbedienung (225 Euro), bewegt sich der VW Golf Alltrack merklich auf die 50.000 Euro Grenze zu.
Zuverlässigkeit und Probleme
Insgesamt gilt der Golf seit Jahrzehnten bereits als zuverlässiges Auto, das nur von wenigen Problemen zeugt. Dennoch bleib auch die achte Generation des Kompaktwagens nicht von kleineren Kinderkrankheiten verschont, die teils auch die Alltrack-Modelle betrafen.
Dazu zählten Rückrufaktionen wegen mangelhafter Motorabdeckungen, einem inkorrekt befestigten Gepäcknetz oder auch fehlerhafter Airbagsensoren.