VinFast VF 8 Testbericht

VinFast schmückt sich mit keiner langen Markenhistorie. Die vietnamesische Marke wurde erst 2017 gegründet. 2022 wurde der VinFast VF8, ein 4,75 Meter langes SUV mit Elektroantrieb, präsentiert. Seit 2024 tritt der VF8 auch in Deutschland im populären D-Segment an, in dem viel Platz, reichlich Ausstattung, ein guter Antriebs- und Fahrkomfort und ein hohes Sicherheitsniveau zum guten Standard gehören.

Erfüllen sich die Standards und die Erwartungen, die der attraktive Auftritt des VF8 weckt? Die Platzverhältnisse im 5-Sitzer fallen klassengemäß und im Fond großzügig aus, werden jedoch etwas durch die Mittelkonsole eingeschränkt.

Das Cockpit und Interieur durchwehen die digitale Moderne und der Zeitgeist. Im VF8 Cockpit blickt man nicht auf einen Tacho direkt vor der Nase, sondern auf die Anzeigen eines vollwertigen, auf die Frontscheibe projizierenden Head-up-Displays. Das Infotainment ist modern. Über den 15,6-Zoll-Touchscreen wird fast alles gesteuert. Die wichtigen Dinge wie die Smartphone-Einbindung über Apple CarPlay oder Android Auto, die induktive Ladestation, die Fernsteuerung von Fahrzeugfunktionen aus der Ferne oder drahtlose OTA-Updates sind Standard, eine reichhaltige Ausstattung ebenso.

In den beiden Motor- und Ausstattungsvarianten gelangt die Kraft der zwei Motoren mit der sicheren Traktion des Allradantriebs auf die Straße. Im VF8 Eco leistet der Antrieb 354 PS (260 kW). Der VF8 Plus beschleunigt in 5,5 statt 5,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h und zaubert flüsterleise 408 PS (300 kW) auf die Straße. Und das komfortabel, aber noch nicht ganz harmonisch abgestimmt. 

Bei der Sicherheitsausstattung und mit der 87,7-kWh-Batterie werden die Erwartungen an ein SUV dieser Größen-, Komfort- und Preisklasse erfüllt. Mit einem Verbrauch von 21,9 bis 22,9 kWh/100 km (ermittelt im WLTP-Zyklus), mit 457 bis 471 km Reichweite und 150 kW Ladepower liefert der VF8 allerdings nur Durchschnitt. 

Bei der Konkurrenz geht es flotter als in 31 Minuten von 10 auf 70 % Ladestand und wenn VinFast beim Fahrwerk noch nachlegt, steigen die Chancen gegen die Konkurrenz von Škoda Enyaq, Tesla Model Y, Nio EL6, Peugeot E-5008 & Co bestehen zu können, bei denen keine 10 Jahre Garantie geboten werden.

Die kompakteren Elektro-SUVs von VinFast, der VF6 und VF7, verfügen über eine kleinere Batterie mit 59,6 kWh und 75,3 kWh Kapazität, der größere VF9 über eine deutlich größere mit 123 kWh Kapazität. Mit 87 kWh Kapazität landet der VF8 da genau richtig und das auch im Konkurrenzvergleich.

Batteriekapazität: gutes Mittelfeld

87,7 kWh bedeutet gutes Kapazitäts-Mittelfeld. Das Tesla Model Y erhält man mit einer 62 oder 79 kWh großen Batterie, den Peugeot E-5008 mit einem 73 oder 98 kWh großen Stromspeicher und den Nio EL6 mit 75 oder 100 kWh. 

Reichweite: Durchschnitt

Bei der Reichweite landet der VF8 nur im Mittelfeld, da er nicht so wenig verbraucht wie die sparsamsten Konkurrenten. Sind im Tesla Model Y bis zu 600 km und im Peugeot E-5008 bis zu 668 km Reichweite möglich, ist im VF8 spätestens bei 457 bis 471 km Schluss. Mit +/- 350 km Reichweite ist im Alltag zu kalkulieren, bevor es wieder ans Aufladen geht. 

Aufladen geht schneller: woanders

Der Ladeanschluss liegt vorne, der VF8 aber nicht beim Aufladen. Für das Aufladen an der 11-kW-Wallbox vergehen etwa 8 Stunden. Beim Gleichstromladen geht es langsamer als bei den meisten Konkurrenten. Ein Nio EL6 lädt mit 140 kW und ein Peugeot E-5008 mit 160 kW, aber ein Ioniq 5 mit 240 kW und ein Model Y mit bis zu 250 kW. Der VF8 tut es mit 150 kW. Damit reicht eine halbe Stunde Ladedauer, um von 10 auf 70 Prozent zu kommen. Andere laden in der gleichen Zeit auf 80 %. Die Batterie des Ioniq 5 mit 800-Volt-Technik ist in lediglich 18 Minuten von 10 auf 80 % gebracht.

Im VinFast VF8 kommen immer zwei Motoren zum Einsatz. Der eine Motor an der Vorderachse, der andere Motor an der Hinterachse. Eine 1-Gang-Automatik vermittelt. Die Kraft gelangt per Allradantrieb auf die Straße. 

Flotter Einstieg: VF8 Eco

Ein Druck auf die „D“-Taste unterhalb der drei weiteren Automatiktasten auf der Mittelkonsole und es geht flüsterleise los. Im VF8 Eco sichern 354 PS (260 kW) Leistung und 500 Newtonmeter Drehmoment den Vortrieb. Das hohe Gewicht von 2,5 Tonnen steht dem entgegen, aber nicht im Wege. In nur 5,9 Sekunden ist das VF8 Basismodell von 0 auf 100 km/h beschleunigt. Der VW ID.4 Pro oder Škoda Enyaq mit dem 286-PS-Motor lassen sich bei der Beschleunigung aus dem Stand auf Tempo 100 mehr als ein halbe Sekunde mehr Zeit und laufen nur 180 km/h. 

In Richtung Höchstgeschwindigkeit baut der Schub langsam ab. Hier wie dort. Im VF8 ist bei 200 km/h die maximale Geschwindigkeit erreicht. Das sollte reichen. Die 217 bis 250 km/h eines Tesla Model Y verkommen in der Praxis zur Theorie. Wer rast, kommt schnell voran, aber nicht weit mit einer Batterieladung.

Mehr Leistung: VF8 Plus

Der 408 PS (300 kW) leistende VinFast VF8 Plus beschleunigt trotz der über 600 kg schweren Batterie im Fahrzeugboden in lediglich 5,5 Sekunden von 0 auf Tempo 100. Ähnlich flott wie ein VW ID.4 GTX oder Škoda Enyaq RS mit 340 PS (250 kW) Leistung. Die 620 Newtonmeter Drehmoment sorgen für einen etwas kräftigeren Durchzug als im Basismodell. Im Alltag sind von den 408 PS jedoch nur 190 PS (140 kW) im Dauereinsatz.

Wie stark das VinFast SUV beschleunigt und wann das Tempo elektronisch abgeregelt wird, hängt auch vom gewählten Fahrmodus ab. Nur im Sportmodus entwickelt das Motorenduo das volle Potential. Im Normalmodus steht 10 % weniger Drehmoment zur Verfügung und bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h wird abgeregelt. Im Ecomodus schwinden noch mal 10 % und bereits bei 160 km/h ist Schluss mit Beschleunigung.

Die Rekuperationsmodi, die wie die drei Fahrmodi Eco, Normal und Sport sowie die Kriechfunktion etwas umwegig über den Touchscreen eingestellt werden, entscheiden darüber, wie sparsam man unterwegs ist und wie stark die Bremswirkung beim vom Gaspedal gehen ist. One-Pedal-Driving wie in anderen Elektroautos ist nicht möglich, aber auch im Standardmodus lässt sich der VF8 bei vorausschauender Fahrweise zumeist nur durch vom Gaspedal gehen abbremsen, sodass der Tritt aufs Bremspedal nicht mehr notwendig ist. 

Fahrverhalten: Komfort & Traktion

Die Traktion profitiert im VinFast VF8 vom serienmäßigen Allradantrieb, die Dynamik aber nicht von der auf Komfort gebürsteten Fahrwerksabstimmung. Schnell gerät der auf 19 Zoll (Eco) oder 20 Zoll (Plus) abrollende VF8 in schnellen Kurven ins Untersteuern. Spürbar wippt die Karosserie über Bodenwellen nach. Das früh eingreifende ESP und die Abstimmung der Lenkung tragen nicht dazu bei, die Kurvenfreudigkeit zu steigern. Das Fahrwerk wirkt von der Abstimmung noch unharmonisch. Sportlichkeit zählt im SUV allerdings auch nicht zum Pflichtprogramm.

Sieben Sitzplätze wie im größeren VinFast VF9 oder Konkurrenten Peugeot E-5008 werden im VF8 nicht geboten. Mit 4,75 Meter Länge, 1,93 Meter Breite und 1,67 Meter Höhe misst sich das VinFast SUV mit einem 4,71 Meter langen Ford Mustang Mach-E oder 4,75 Meter langen Tesla Model Y.

Das Raumgefühl ist vorne weniger luftig als dahinter. Subjektiv wie objektiv. Die Mittelkonsole fällt breit aus und kommt den Vordersitzen so nah, dass dadurch das Sitzgefühl geschmälert wird. Trotzdem sitzt es sich auf den elektrisch verstellbaren Vordersitzen mit Lendenwirbelstütze, deren herausragendste Eigenschaft nicht Seitenhalt ist, bequem. 

Kein Tacho, aber …

Das unten abgeflachte Lenkrad lässt sich sowohl in der Höhe als auch in der Tiefe verstellen. Dahinter ins Leere zu blicken, geht im VinFast V8 in Ordnung. Das Tempo wird nicht wie im Volvo EX30 nur auf dem Zentralbildschirm angezeigt, sondern per Head-up-Display auch auf der Frontscheibe – sehr gut.  

Die Außenspiegel und den Fahrmodus über den Touchscreen verstellen, ist jedoch nicht jedermanns Sache. Schön, dass sie einem den Lautstärkeregler gelassen haben, der zentral und auch für die Beifahrer:in gut erreichbar hinter den vier Automatiktasten auf der Mittelkonsole sitzt.

Wenige Ablagen, aber ein Frunk

Bei den Ablagen ist der VF8 im Bereich der Mittelkonsole kein Winner. Zwei Becherhalter und dahinter unter der Klappe ein Fach, das war's. Dafür fallen die Türfächer groß aus und ein Handschuhfach findet sich im VinFast genauso wie unter der Fronthaube ein Frunk. Der beinhaltet ein tieferes kleines Fach, zwei kompakte Ablageflächen und einen praktischen direkten Zugang zur 12-Volt-Batterie. Und wo wir gerade das Thema Mittelkonsole gestreift haben, kann man auch den wenigen Platz direkt dahinter beklagen.

Warm und kühl im Fond

Aus dem stattlichen Radstand von 2,95 Meter resultiert in der zweiten Sitzreihe ein geräumiges Platzangebot. Aber nicht in der Mitte der Sitzbank. Hier bekommt man zu spüren, dass der VF8 gleichzeitig als Elektro- und Verbrenner-SUV entwickelt wurde. Rechts und links davon wird jedoch reichlich Beinfreiheit geboten. Genauso fällt positiv auf, dass alle hinteren Sitzplätze 3-stufig zu beheizen oder kühlen sind – auch der Mittelplatz. Als genauso mitfahrerfreundlich empfindet man das Panoramaglas-Schiebedach mit seinem Panoramablick von der Sitzbank aus. Und die Kindersitze? Lassen sich wie gewohnt auf den äußeren Plätzen per ISOFIX befestigen.

Kofferraum: ausreichend

Die Rückbank lässt sich im Verhältnis 2/3 zu 1/3 flachlegen. Dann kommt auf der Ladefläche unterhalb der elektrischen Heckklappe auch Sperriges unter. Die Kofferraumkapazität wächst von 376 auf 1.373 Liter. Das genügt, ist jedoch im Vergleich nicht besonders viel. Im Ford Mustang Mach-E kommen 402 Liter, im Audi Q4 e-tron 520 Liter, im Ioniq 5 527 Liter, im VW ID.4 543 Liter und im Škoda Enyaq 585 Liter unter. Der nur wenige Zentimeter längere Peugeot E-5008 nimmt es in 5-Sitz-Konfiguration mit bis zu 748 Liter und in 2-Sitz-Konfiguration mit bis 1.815 Liter Ladung auf.

Das Cockpit, das Interieur und die Innenausstattung des VinFast VF8 präsentieren sich im asiatischen Stil der Zeit. Puristisch, minimalistisch, aufgeräumt. Veganes Kunstleder als Sitzbezug, viel Hartplastik drumherum.  

Bedienzentrale Touchscreen

Den Bedienmittelpunkt bildet wie in jedem neuen Elektroauto der oberhalb der Mittelkonsole platzierte Touchscreen im 15,6-Zoll-Format. Der Großbildschirm im Querformat liegt gut im Blick, überzeugt mit einer gut durchschaubaren Menüstruktur und reagiert flott auf Eingaben. 

Das Meiste der Einstellungen von Infotainment und Fahrzeug erfolgt über den Screen. Das beginnt mit der Einstellung der Ambientebeleuchtung und Diebstahlwarnung und setzt sich fort mit der Aktivierung des Haustier-Modus, in dem nach dem Abstellen die Temperatur im Fahrzeug gehalten wird, oder Camping-Modus, mit dem das Infotainment auch bei geparktem VF8 genossen werden kann.

Das serienmäßige Head-up-Display übernimmt die Rolle des Tachos im VF8. Und das mit allerhand Verstell- und Individualisierungsmöglichkeiten, von der Positionierung der Anzeige auf der Frontscheibe, der Auswahl der angezeigten Fahrinformationen bis zur Schriftfarbe.

Technologie: up to date

Auch sonst hat die Technologie voll am Zeitgeist angedockt. Die Gesichtserkennung hinter dem Lenkrad erkennt die VF8-Pilot:innen und ihre individuellen Fahrzeugeinstellungen. Per "Hey VinFast“ wird der KI-gestützte Sprachassistent aktiviert. Die Updates fliegen, automatisch oder manuell aktiviert, „over the air“ ein. Mit der „VinFast Companion-App“ lassen sich Fahrzeuginformationen aus der Ferne abrufen oder es lässt sich via App ein Wartungstermin buchen. Eine induktive Ladestation fürs Smartphone, die Einbindung des Smartphone über Android Auto oder Apple CarPlay und genügend USB-A- und C-Anschlüsse verstehen sich da fast von selbst.

Die Ausstattung ist im VinFast VF8, egal ob man sich für den schwächeren Eco oder den etwas stärkeren Plus entscheidet, generös und umfasst im Innenraum und Cockpit Features wie das beheizbare Lenkrad, das Head-up-Display, das Panorama-Schiebedach, die Wärmepumpe und allerhand Assistenzsysteme, die das Fahren komfortabler und sicherer machen.

Ein Schlüsselfaktor für die Sicherheit im Fahrzeug ist die Widerstandsfähigkeit beim Crash und ein anderer die Fahrassistenz. Hierfür erhielt der erst 2017 in Vietnam gestartete Hersteller VinFast Hilfe von ZF aus Deutschland.

Die Sicherheitsausstattung des VinFast VF8 umfasst die Autobahnfahrhilfe, den Stauassistenten, den Spurhalteassistenten, den Spurhalte- und Kollisionswarner, die Verkehrszeichenerkennung, die intelligente Geschwindigkeitsanpassung und den autonomen Notbremsassistenten. 11 Airbags und die 360-Grad-Kamera mit zahlreichen Kameraperspektiven (inklusive Felgen-  und Anhängeransicht) sind ebenso Serie wie eine Notruffunktion. Der Reifendruck wird nicht nur angezeigt, sondern auch die Reifentemperatur. Der Einpark- und Ausparkassistent helfen beim Rangieren.

Den Euro NCAP Crashtest absolvierte der VinFast VF8 im ersten Test mit einer 4-Sterne-Wertung und sehr guten 89 % im Kinderinsassenschutz, 76 % im Erwachsenenschutz, 77 % im Fußgängerschutz und 79 % im Assistenzschutz. Nur vier Prozent fehlten in der Gesamtwertung auf die fünf Sterne. Die sollen in einem zweiten Test erreicht werden.

Generell dauert die Entwicklung einen neuen Fahrzeugs. Im Fall des VinFast VF8 verging relativ wenig Zeit. Erwachsen aus dem hohen Entwicklungstempo Probleme? Leidet die Zuverlässigkeit darunter? Zweifel kommen auf, wenn man sich erinnert, dass im Jahr 2023 einige Exemplare des VF8 wegen fehlerhafter Verschraubungen und wegen Software Bugs zurückgerufen wurden. Die Zweifel schwinden mit dem Wissen, dass erfahrene Zulieferer wie Magna und ZF bei der Entwicklung des VF8 mitgearbeitet haben und mit Blick auf den Garantieumfang.

Garantie maximal

VinFast gewährt 3 Jahre Garantie auf die 12-Volt-Starterbatterie, aber 10 Jahre auf die Antriebsbatterie. Die Garantie fürs Fahrzeug deckt Reparaturen an Hardware, Software oder Herstellungsfehler ab und umfasst den Austausch oder die Reparatur defekter Teile. Und das bis zu einer Fahrleistung von 200.000 km und für einen Zeitraum von 10 Jahren.